Liliane Taubhorn hat uns wieder eine schöne Lesergeschichte aus Sicht einer Katze geschickt. Viel Spaß beim Lesen! 🙂
Auch an diesem warmen Abend werde ich meine gewohnte Runde zurücklegen. Wie üblich beginne ich den nächtlichen Streifzug am Teich. Dann geht es, wie immer, in den Park.
Eigentlich könnte ich den Park auch mal auslassen und stattdessen am Fluss entlang laufen, aber nein! Am Fluss streife ich mittags vorbei. Es ist besser, meiner Gewohnheit treu zu bleiben und mich bei meiner nächtlichen Futtersuche erst durch den Park und im Anschluss in die Kolonie führen zu lassen. Diese drei verschiedenen Gegenden bieten genügend Abwechslung für mich. Nein, was hätte ich für Aufregungen, wenn ich die vertrauten Zeiten und Plätze ändern würde?!
Aber Aufregung muss nicht sein. Da gelobe ich mir doch das Altbewährte! OH! Was raschelt denn da hinten so verdächtig? Na? – Anschleichen um nachzusehen kann ich mich ja. Aber möchte ich etwas fangen? Nein, ich schaue mal was es heute in der Kolonie schönes gibt! Meistens steht dort eine kleine Köstlichkeit für mich bereit! Dann muss ich einfach zugreifen und kann nicht wiedersehen! Dagegen ist das Jagen doch immer so zeitaufwendig. Wenn ich mich nicht genügend konzentriere, gehe ich sogar leer aus! Aber für Jagdpech gibt es in der Kolonie ein abwechslungsreiches Futterangebot! Wieso hört das Rascheln beim näher kommen auf? Da dachte die Graue wohl, ich hätte sie nicht bemerkt ! Unter dem Busch sitzt sie immer noch. Sie riecht sehr gut, jetzt brauchte ich nur noch hinspringen! Aber warum sollte ich? Einfach zuschnappen ist doch sehr langweilig. Ein kleines Spielchen wäre nicht schlecht, dann könnte ich meine Jagdkünste mal wieder unter Beweis stellen. Aber daraus wird bei dieser Grauen wohl nichts. Obwohl ich so dicht davor sitze, tut sie so, als könnte sie mich nicht sehen! So jetzt bekommst du einen kleinen Stupser mit meiner Pfote!
Vielleicht bewegst du dich jetzt mal! Nein, nichts zu wollen. Dann bleib eben sitzen, du langweilige Graue! Noch ein Stück durch den Park und schon schließt sich die Kolonie an. Wie ich mich darauf freue, dafür könnte ich sogar einen kleinen Spurt einlegen. Oh, ich komme ja außer Puste, den Spurt hebe ich mir für einen Notfall auf. Bevor ich die Straße überquere, betrachte ich die Umgebung noch von oben. Man weiß ja nie… Unerwartete Überraschungen liebe ich gar nicht und in den letzten Monaten ist häufig etwas Überraschendes passiert. Also gehe ich auf Nummer Sicher, hier ist auch schon mein Baum. So, jetzt habe ich gleich einen perfekten Überblick!
Aber was poltert denn da hinten im Gebüsch? Die Grauen können das nicht sein, diese lärmen kaum. Leider stören jetzt die Geräusche aus der Kolonie meine Konzentration. Huch, habe ich mich erschrocken! Wie viele kommen denn da aus dem Gebüsch gesprungen? Nur zwei- ah ha! Ach der Gestreifte wieder! Na dann bin ich mir gar nicht sicher, ob ich es schaffe, in die Kolonie zu gelangen. Seit der Gestreifte hier aufgetaucht ist, beansprucht er den Park und die Kolonie für sich.
Bis lang hatte ich es meiner Schnelligkeit zu verdanken, dass ich es in die Kolonie hinein geschafft habe. Gestern stand der Graue aber schon an der Straße, um mich abzupassen! Geschickt wie ich bin, konnte ich ihm durch einen Umweg entkommen! Aber hat er vorhin nicht schon wieder jemanden verfolgt? Der Gestreifte versucht nicht nur die ganze Gegend zu vereinnahmen, nein, seit einer Woche hat er schon so manchen von uns vertrieben! Aber das soll er sich bei mir mal wagen! Ich lebe seit einem Jahr hier und bin bislang mit jedem ausgekommen! Daran wird sich auch nichts ändern. Meine Gewohnheiten und meine Wege behalte ich bei. So, das nehme ich mir jetzt fest vor! Wieso habe ich mich gestern auch verjagen lassen? Ich bin nicht feige, nein, so kann man das nicht ausdrücken! Vorsichtig bin ich und sehr friedliebend. Die Klügere gibt erst einmal nach. Wie diplomatisch ich bin! Mit Überlegung werde ich mein künftiges Vorgehen planen! Ein Ausrücken vor dem Gestreiften gibt es nicht mehr- soviel steht fest, aber angegriffen werden möchte ich auch nicht! Leider habe ich nicht beobachtet, wie der kleine Streit von heute ausgegangen ist. Möchte der Gestreifte nur akzeptiert werden oder sollen wir anderen uns ein neues Revier suchen? Ich weiß es nicht. Doch eins ist sicher, es siegt nicht unbedingt der Stärkere! Bislang habe ich mich mit meiner Strategie durchsetzten können, nicht durch Stärke. Dabei heißt es Augen auf und aufgepasst, die Nacht ist noch jung. So, da bin ich auch schon vor meinem köstlichen Futternapf. Wie gefüllt der wieder ist- herrlich! Es duftet nach frischem Geflügel- eine Delikatesse ist das heute für mich! Bevor ich zu speisen beginne, überzeuge ich mich erstmal davon, ob ich hier wirklich alleine bin. Zuerst laufe ich zur Kontrolle um die Hecke. Gut, alles in Ordnung! Am Blumenbeet ist auch nichts verdächtiges auszumachen. Versteckt sich da vielleicht jemand im Erdbeerbeet? Schwer zu erkennen. Beim näheren Hinsehen ist, außer den Pflanzen aber nichts, was hier nicht hingehört. Im Garten ist also alles wie gewohnt. Guten Appetit mir selbst. Meiner Mahlzeit steht jetzt nichts mehr im Wege! Jetzt kann ich in Ruhe essen. Tagsüber muss ich immer auf dem Sprung sein, so viele sind dann unterwegs. Nach dem Essen streife ich dann durch die Kolonie! Ob ich dem Gestreiften wohl über dem Weg laufe? Na wenn schon. Irgendetwas wird mir dann einfallen! Erst einmal darf ich mich satt essen. Gut, Dass ich die Graue vorhin nicht gefangen habe, denn jetzt schmeckt mir das Geflügel hier gleich nochmal so gut. Wer weiß, was mich nachher noch auf meinem Streifzug erwartet, dafür möchte ich gestärkt sein. So, erst einmal eine Pause. Mal sehen, ob während ich mich putze etwas zu sehen oder zu hören ist? Ich bin schon etwas nervös. Aber später mache ich- wie gewöhnlich- meine Runde durch die Kolonie wobei ich mir meine Unruhe nicht anmerken lasse! Schön, dass noch etwas im Napf ist, den Rest esse ich nun doch noch auf. Dann begebe ich mich jetzt mal auf meine weitere nächtliche Entdeckungsreise!
Text: Liliane Taubhorn
Foto: pixelio.de, Helga Gross
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